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Online-Therapien

Wie funktionieren Online-Therapien?

Es gibt unterschiedliche Begriffe, die von Online-Beratung bis zu Online-Therapie oder Internet-Selbsthilfe reichen. Noch sind diese Begriffe offen und es besteht der Bedarf, diese anhand künftiger Forschungsergebnisse weiter auszuformulieren und zu vereinheitlichen.

Unterschiede von therapeutischen Online-Angeboten

  • Ausrichtung auf verschiedene psychische Krankheitsbilder
  • Wege der therapeutischen Kommunikation (Email, SMS, Chat o.ä.)
  • Häufigkeit und Umfang der Kommunikation bzw. der Therapieeinheiten
  • Eigenständigkeit der Teilnehmer:innen bzw. psychologische Begleitung durch einen Coach
  • Grad der Standardisierung des Programms
  • Möglichkeiten der Interaktivität
  • Dauer des Programms

Bei einigen Online-Angeboten gibt es beispielsweise eine Art Briefverkehr zwischen Patient:in und Psycholog:innen, der über Email, SMS oder in einem Chat stattfinden kann. In anderen Varianten wird eine persönliche psychologische Beratung mit Hilfe einer strukturierten Webseite ergänzt. Des Weiteren gibt es Angebote, die der/ die Patient:in selbständig ohne eine direkte Begleitung eines Arztes/ einer Ärztin oder Therapeut:in wahrnimmt: Der/ Die Patient:in wird Schritt für Schritt durch ein auf das jeweilige Störungsbild ausgerichtetes Programm geführt und bearbeitet bestimmte Inhalte und Übungen selbständig. Als telefonisches oder schriftliches Feedback kann es hierbei ein begleitendes Beratungsangebot geben, es gibt jedoch auch Programme ohne eine derartige mögliche Begleitung. Das Ausmaß der Strukturierung, der Flexibilität und des ergänzenden oder begleitenden, virtuellen oder realen persönlichen Kontakts zu einem Therapeuten/ einer Therapeutin ist bei jedem Online-Angebot unterschiedlich.

Mögliche Vorteile und Kritikpunkte “therapeutischer” Online-Unterstützung

Der Aufbau und die Eigenschaften von psychologischen Online-Angeboten bieten den Nutzer:innen vielfältige Vorteile, aber es gilt auch dem Medium des Internets innewohnende mögliche kritische Aspekte zu berücksichtigen.

Vorteile

  • Ein Vorteil gegenüber regulären Therapiemöglichkeiten ist die Unabhängigkeit von Ort und Zeit bei Online-Angeboten. Patient:innen, die aus verschiedensten Gründen kein professionelles Therapieangebot wahrnehmen können (aufgrund von räumlicher Distanz, aus Gründen der Mobilität, der Sprache oder auch aufgrund von sozialen Ängsten) ermöglicht dies eine erhöhte Verfügbarkeit. Auch Patient:innen, die beruflich stark eingebunden sind und denen es nicht möglich ist, zu regulären Zeiten einen Therapeuten/ eine Therapeutin aufzusuchen, können hiervon sehr profitieren.
  • Es entstehen keine Wartezeiten – der/ die Patient:in beginnt mit dem Programm, wann und wo er/ sie möchte und er/ sie kann in seinem/ ihrem eigenen Tempo vorgehen.
  • Durch die störungsspezifische Ausrichtung des Vorgehens auf dem neuesten Stand der Therapieforschung kann den Betroffenen die nach aktuellem Kenntnisstand beste Betreuung angeboten werden.
  • Online-Therapien sind niedrigschwellige Angebote. Die Hemmschwelle zur Kontaktaufnahme über das Internet ist deutlich geringer als in der Realität. Gerade in der Depression, die meist von starkem Rückzug bis hin zur sozialen Isolation gekennzeichnet ist, oder bei ausgeprägten Ängsten fällt vielen Betroffenen der erste Schritt der Kontaktaufnahme besonders schwer. Die Anonymität des Kontakts über das Internet kann zu einer verstärkten Offenheit und sozialen Unbefangenheit führen, besonders bei schambesetzten Themen und bei Patient:innen, die aufgrund ihrer Symptome oder Erlebnisse Ablehnung befürchten.
  • Das selbständige und eigenverantwortliche Arbeiten ermöglicht das Training des Selbstmanagements und somit das Erleben von Selbstwirksamkeit.
  • Der therapeutische Ansatz und der Ablauf sind für die Patient:innen nachvollziehbar und durch große Transparenz gekennzeichnet.
  • Ein weiterer Vorteil von therapeutischer Online-Unterstützung ist die Möglichkeit der Überbrückung von Therapieunterbrechungen. In Deutschland sind stationäre und ambulante Behandlungen in der Regel nicht miteinander verknüpft, diese Lücken in der Versorgung können mit Online-Angeboten geschlossen werden, da gerade der Wiedereinstieg ins normale Leben häufig zu Schwierigkeiten und Rückfällen führen kann.

Mögliche Kritikpunkte

  • Gerade der eingeschränkte bzw. fehlende persönliche Kontakt wird Online-Angeboten meist zum Vorwurf gemacht, da dieser in einer Psychotherapie ausschlaggebend für den Therapieerfolg sei und eine therapeutische Beziehung ohne physische Präsenz, ohne ein unmittelbares Reagieren aufeinander nicht entstehen könne. Diesem Vorurteil widersprechen jedoch Studienergebnisse, die eine gleichwertige Wirksamkeit von Online-Angeboten und persönlich geführter Psychotherapie in Bezug auf die Abbruchquoten und die Effektivität erhoben haben. In einer umfangreichen Studie zur Wirksamkeit internetbasierter Psychotherapie konnte gezeigt werden, dass der mittlere Behandlungseffekt mit einer ambulanten persönlich geführten Therapie direkt vergleichbar ist (Barak et al, 2008). Bei diesem Aspekt darf man nicht aus den Augen verlieren, dass der direkte Kontakt auch Ursache für zwischenmenschliche Konflikte sein kann und es eine Chance darstellt, im Online-Setting ohne den Austausch sozialer und nonverbaler Signale zwischen Therapeut:in und Patient:in kommunizieren zu können. In jedem Fall muss der/ die Patient:in für sich entscheiden, welche Therapieform für ihn/ sie die richtige ist.
  • Ein anderer möglicher Kritikpunkt ist die fehlende Berücksichtigung von komorbiden (zur gleichen Zeit vorhandenen) psychischen Erkrankungen. Durch die störungsspezifische Ausrichtung bei therapeutischen Online-Angeboten können die Schwerpunkte bisher nicht kombiniert werden. Allerdings bietet gerade das störungsspezifische Vorgehen die Möglichkeit, dass ein manualisiertes Vorgehen auf dem neuesten Stand der Therapieforschung besser befolgt und somit die fokussierte Störung gezielter und effektiver behandelt werden kann.
  • Des Weiteren wird häufig die unzureichende Individualität von standardisierten Online-Angeboten bemängelt. Jede:r Patient:in durchlaufe das identische Programm und es fände keine Rücksichtnahme auf die persönlichen Entstehungsbedingungen der Depression und der persönlichen Voraussetzungen der einzelnen Teilnehmer:innen statt. Online-Programme wie das Unterstützungsprogramm von Novego, die eine stärkere Flexibilität bieten und sich auf die individuellen Bedürfnisse und möglichen kritischen Episoden der Patient:innen einstellen können, sind somit die bessere Alternative im Sinne der Patient:innen.